zurück zu Lyrik

 Sonnenaufgang

Noch ist es finster. Leise trete ich über die Türschwelle ins Freie. Brrrrrr. Feucht kalt. Aber herrlich frische Luft. Ein wunderbar klarer Himmel. Sterne blinken, doch bald werden sie vergehen.
Ich trete in den Wald. Holziger Duft, leichte feine Nebelschleier. Bald finde ich den Platz, wo ich den Sonnenaufgang erleben möchte.
Ein schöner freier Platz - ein herrlicher Ausblick aufs Tal und die ringsumliegenden Berge. Alles ist still. Die einzigen Geräusche kommen von mir, die ich behutsam eine Decke aufs feuchte Gras lege und den Rucksack gegen die Bank lehne. Ich möchte nicht auf der Bank sitzen, lieber den Boden unter mir spüren. Zum Schutz gegen die Nässe noch ein schmales Thermokissen auf die Decke gelegt und einen Schluck heissen Tee aus der Thermoskanne, dann bin ich bereit.
Während meiner Vorbereitungen wurde das dunkle Grau immer heller. Nur ein grosser Stern beherrscht nun den Himmel. Immer mehr Nebelschwaden steigen auf.
Ich schliesse die Augen und strecke die Arme aus - ahhhhhhh, wie angenehm die harzige Luft, die kühle Feuchtigkeit, das Ahnen des Tages, die wartende Stille...........
Davontragen, Einswerden.............
Ich öffne meine Augen - alles wirkt intensiver, die Tautropfen im Gras, an den Blättern, die Konturen.. Hin und wieder ein verschlafenes Piepsen.
Immer heller wird das Grau, kommt nicht schon ein rötlicher Schimmer?
Ich harre und schaue. Der Stern verschwindet, die Bergspitzen heben sich immer deutlicher gegen den dunklen Wald ab.

---------- LICHT! Ein schmaler Strahl bricht sich hinter dem Berg Bahn, leuchtet auf einen Nebelschleier - unwirklicher tanzender Geist.....
Dann Dunkelheit, noch schwebt die Sonne hinter der Bergzacke, nur ein leichter Lichtschleier zeigt ihren Weg. An den Bergspitzen glüht alles in Erwartung, das Tal noch in Dunkel gehüllt, zeitweise einzelne Lichter aufglänzend.

-------------Gleissendes Losbrechen von Lichtstrahlen, die Sonne erhebt sich majestätisch hinter dem Berg und hüllt alles in ein unglaubliches Meer von Licht. Ich schliesse geblendet meine Augen, spüre die Wärme und die unsagbare Helligkeit auf meinen Lidern. Ein Zittern überläuft mich.....
Ich schaue wieder - der Nebel löst sich auf, ein leises Flüstern und Vergehen. Ringsum erwacht die Natur, ein Singen und Tirilieren hebt an. Die Wärme trocknet den Tau, das Gras hebt sich, die Blumen öffnen ihre Blüten, überall fleissige Insekten. Links von mir raschelt es im Gebüsch - überrascht blickt mich ein Reh an. Ein Blinzeln - weg ist es! Ich lächle - wie oft sitzt schon wer um diese Zeit da, nur um einen Sonnenaufgang zu sehen.